So werden Sie ein besserer Problemlöser!

Im Beruf, wie auch im Alltag begegnen uns ständig Situationen, in denen wir ein Problem lösen müssen. Das Qualitätswesen ist ein Bereich, in dem viele Mitarbeiter genau dafür eingestellt werden, mit problematischen Situationen umzugehen – nämlich genau dann, wenn die Qualität NICHT passt.

Doch ist es hilfreich, jedes Problem mit der gleichen Methodik anzupacken und zu lösen? Und wenn nicht, was kann man dabei anders machen?

In diesem Artikel stelle ich eine Methode der Problemkategorisierung vor. Drei grundsätzliche Problemtypen und wie man am besten mit ihnen umgeht. Diesen Artikel lehne ich an einen Podcast von Georg Jocham aus dem Jahr 2016 an und verknüpfe die vorgestellten Methoden mit dem Qualitäts-Kontext.

Warum müssen wir Probleme lösen? Eine Definition.

In der oben erwähnten Podcast-Folge beschreibt Georg Jocham Probleme als entweder schwer zu verstehen Situationen oder Situationen, in denen wir keine vorgefertigte oder klare Lösung haben.

Ganz allgemein kann man sagen, dass die Nicht-Lösung eines Problems zu einer (für uns oder andere) negativen Konsequenz führt. Diese Konsequenz kann entweder sofort oder später auftreten – und manchmal tritt sie sofort auf, wird aber erst viel später sichtbar.

Warum Problemlösungskompetenz so wichtig ist

Ich denke, es liegt ein Stück weit auf der Hand: Wenn wir teilweise von unseren Unternehmen dafür eingestellt worden sind, uns um problematische Situationen zu kümmern, dann werden wir als umso erfolgreicher wahrgenommen, je größer unsere Kompetenz zur Problemlösung ist.

Der richtige Umgang mit problematischen Situationen sorgt für weniger Fehlschläge, besseren Resultaten und spart sehr viel Zeit dadurch, dass man sich dem Problem in genau der Intensität zuwendet, die es verdient. Sie kennen sicher auch Situationen, in denen Sie Sätze sagen wie: „… eigentlich sollte ich endlich mal…“. Bei diesem Satz liegt ein Problem in der Luft, um das Sie sich bisher nicht gekümmert haben – und um das Sie sich offensichtlich auch im Moment nicht kümmern wollen.

Erfolg ist aber nur ein Argument dafür, sich in diesem Gebiet weiterzuentwickeln. In vielen von uns löst die Konfrontation mit Problemen Stress aus. Noch stressiger wird es, wenn uns der Umgang mit diesen Problemen überfordert.

Wenn Sie also besser mit Problemen umgehen können, dann tun Sie sich selbst und Ihrer Gesundheit einen großen Gefallen.

Die drei Kategorien von Problemen

Georg Jocham teilt Probleme in drei grobe Kategorien ein. Mit Hilfe von Beispielen aus Qualitätsbereichen möchte ich die Kategorien für Sie greifbarer machen. Bei der bewussten Beschäftigung mit diesen Kategorien ist mir aufgefallen, dass ich einige Probleme seit Jahren mit der falschen Methode versuche zu lösen!

Bei der Betrachtung der Kategorien wird Ihnen auffallen, dass unsere Wahrnehmung eines Problems und seiner Auswirkungen sehr unterschiedlich sein können. Je nach Mindset und Erfahrung kann es sogar sein, dass unterschiedliche Menschen ein und dasselbe Problem in zwei unterschiedliche Kategorien einsortieren.

Das einfache (triviale) Problem

In diese Kategorie gehören viele unserer Alltagsprobleme oder Probleme unseres Tagesgeschäfts, wenn wir von beruflichem Kontext reden. Es sind im Allgemeinen Probleme ohne große Auswirkung – kurzfristig betrachtet.

Probleme dieser Kategorie lösen wir jeden Tag sehr häufig. Viele davon nehmen wir gar nicht mehr wahr und sie treten meist immer wieder so oder so ähnlich auf.

Ein paar Beispiele gefällig?

  • Was ziehe ich an?
  • Welchen Arbeitsweg wähle ich?
  • Fahr ich mit der Bahn, dem Auto oder mit dem Fahrrad?
  • Was soll ich heute essen?
  • In welcher Reihenfolge erledige ich meine Morgentoilette?

Beispiele aus dem beruflichen Kontext könnten sein:

  • Wie priorisiere ich meine tägliche Arbeit?
  • Wie gehe ich mit minimalen Grenzwertüberschreitungen in Labor oder Eingangskontrolle um?
  • Wie organisiere ich meine Ablage und meinen Schreibtisch?

Probleme bzw. Fragestellungen dieser Art löst man am effizientesten, indem man sie automatisiert oder intuitiv bzw. aufgrund von positiven Erfahrungswerten entscheidet.

Auch hier kann ich ein paar Beispiele nennen, wie so etwas im alltäglichen Umgang aussehen kann:

Die Fragestellung des Outfits lösen einige Menschen dadurch, dass sie möglichst wenig Auswahl in ihrer Garderobe zulassen. Ein Beispiel hierfür war Steve Jobs, der stets in Jeans und Rollkragen-Pulli auftrat.

Das einmalige Treffen solcher und ähnlicher Entscheidungen und danach die intuitive Anwendung spart Zeit und Energie. Außerdem verhindert sie, dass man sich trotz guter Vorsätze immer wieder falsch entscheidet. So zum Beispiel bei der täglichen Wahl des Essens. Einmal festgelegt, was gegessen wird (und was nicht) und schon kann man sich beim Einkaufen einen entsprechenden Automatismus angewöhnen.

Aber gehen wir zurück zum beruflichen Alltag. Bezogen auf das Beispiel mit den minimalen Grenzwertverletzungen kann man zum Beispiel mit dem Team basierend auf historischen Erfahrungswerten einen Katalog entwickeln, wie bei welchen Abweichungen zu verfahren ist. Und erst, wenn die Abweichung signifikant ist, wird der Abteilungsleiter involviert.

Das stellt dann auch sicher, dass gleichartige Probleme nicht jedes Mal wieder neu diskutiert werden.

Das substanzielle Problem

Substanzielle Probleme haben eine echte und spürbare Auswirkung. Es kann in Ausnahmefällen gut gehen, wenn man sich auch hier auf die Intuition verlässt – aber das basiert dann wohl eher auf Zufall.

Probleme dieser Art löst man mit einer Strategie, die in vier Schritten umzusetzen ist (ähnlich dem PDCA-Zyklus):

  1. Problem verstehen und analysieren
  2. Lösungsmöglichkeiten erarbeiten
  3. Entscheiden
  4. Umsetzen

Dieses einfache Prinzip hat mich insofern erstaunt, als dass es (wie auch Herr Jocham in seinem Podcast ausführt) äußerst selten vorkommt, dass alle vier Schritte bei einer Problemlösung vollständig abgearbeitet werden.

Generell glauben wir zu früh, ein Problem wirklich verstanden zu haben – wirklich analysiert wird selten. Oft gibt es auch nur eine lohnenswerte Lösungsmöglichkeit und sobald diese gefunden ist, laufen wir los und entscheiden. Und dann passiert es häufig, dass den Entscheidungen keine Taten folgen.

Denn allein durch das Befolgen der Schritte 1 – 3 haben wir noch nichts gewonnen. Entscheidend ist die Umsetzung.
Beispiele für diese Art von Problemen könnten sein:

  • Der Umgang mit einer schwerwiegenden Kundenreklamation
  • Der Verlust eines Kundenauftrags
  • Ein wichtiger Mitarbeiter verlässt Ihr Unternehmen

Gehen wir an dieser Stelle die vier Schritte noch einmal im Detail durch:

Problem verstehen und analysieren

Für diesen Schritt kann man eine QM-Methode wie das Fischgräten-Diagramm verwenden. Man kann aber genauso gut ein Brainstorming durchführen. Wichtig ist, zu verstehen, welche Einflussfaktoren zur Entstehung des Problems führen und wie genau die Auswirkungen einer Nicht-Lösung aussehen. Nur wenn das bekannt ist, können daraus wirksame Lösungsvorschläge ermittelt werden.

Involvieren Sie in diesen Schritt unbedingt andere Personen, die sich im Prozess auskennen. So können Sie sicherstellen, dass möglichst nichts vergessen wird.

Lösungsmöglichkeiten erarbeiten

Erarbeiten Sie denkbare Lösungsmöglichkeiten. Berücksichtigen Sie dabei Ressourcen (Zeit, Arbeitskraft, Aufwand), das gewünschte Resultat und weitere Vor- und Nachteile der einzelnen Optionen. Dieses Für und Wider dient als Grundlage für das Treffen der Entscheidung.

Auch in diesem Schritt sollten Sie andere Personen mit Sachkenntnis involvieren. Und bitte denken Sie über mindestens eine Alternative zur scheinbar offensichtlichen Lösungsmöglichkeit nach. Denn manchmal ist die erste Idee, an die man sofort denkt, nicht die beste Wahl.

Entscheiden

Nachdem nun klar ist, welche Lösungsmöglichkeiten es gibt, muss diejenige ausgewählt werden, die den größten Lösungs-Erfolg verspricht.

Je nach Tragweite des Problems treffen andere Menschen die Entscheidung als diejenigen, die das Problem erkannt und analysiert haben. Hier ist es extrem wichtig, diese Analyse und das Verständnis des Problems für die Entscheider so transparent zu machen, dass kompetent entschieden werden kann.

Zur Entscheidung gehört übrigens auch die Vorbereitung der Umsetzung: Also WER macht WAS bis WANN. Und wie stellen wir hinterher fest, ob der gewählte Lösungsweg den gewünschten Erfolg hatte? Diese Fragen werden oft nicht gestellt. Und hinterher wundert man sich dann, dass die Umsetzung nicht erfolgt ist.

Umsetzen

Wie oben schon erwähnt, sind alle Anstrengungen der ersten drei Schritte nichts wert, wenn es hinterher nicht zur Umsetzung kommt – oder nur teilweise umgesetzt wird.

Besonders dann, wenn die umsetzenden Personen andere sind als die, welche bei Analyse, Auswahl der Lösungen und Entscheidung beteiligt waren, ist es besonders wichtig, alle Beteiligten so mit ins Boot zu nehmen, dass die Informationen, die Sie beim Durchlaufen aller Stufen gewonnen haben, zu den Umetzern fließen.

Hier schließt sich der Kreis wieder, denn nach erfolgter Umsetzung sollten Sie beobachten, ob die gewählte Lösung auch wirklich den gewünschten Erfolg bringt. Und falls nicht, geht es mit dem Zyklus von vorn los – wobei Sie sich an dieser Stelle dann fragen sollten, welchen Teil des Problems Sie in der ersten Stufe 1 nicht verstanden und/oder analysiert haben.

In manchen Fällen werden die „trivialen“ und die „signifikanten“ Probleme in unserer Wahrnehmung vertauscht sein. Jedenfalls lohnt es sich – wo immer das möglich ist – signifikante Probleme, die aber immer wieder auftauchen und einen gleichartigen Charakter haben, mit der Methode der ersten Kategorie zu behandeln: möglichst automatisieren und immer gleich entscheiden. Das spart Energie und Zeit.

Umgekehrt kann es sein, dass Sie „triviale“ Probleme einmal mit allen vier hier beschriebenen Stufen beleuchten und sich eine Strategie überlegen, wie Sie in allen künftigen Fällen damit umgehen wollen.

Das Black-Box-Problem

Die dritte Kategorie sind so genannte Black-Box-Probleme. Von einer Black Box spricht man im geschäftlichen gebraucht, wenn in einem Prozess lediglich Input und Output bekannt sind aber was zwischen den Prozessschritten geschieht, ist weitgehend unklar – oder starken unterschieden unterworfen.

Solche Probleme kann man weder mit der ersten Strategie (Automatisierung und Intuition) noch mit der PDCA-Methode lösen. Es gibt schlicht zu viele Einflussfaktoren, die nicht hinreichend bekannt sind.

Beispiele für Black-Box-Probleme wären:

  • Gesellschaftliche Entwicklungen
  • Probleme strategischer Natur in Unternehmen

Georg Jocham nennt hier als Beispiele die Finanzpolitik und die Vorgänge im menschlichen Organismus. Er sagt, dass sich über diese Dinge schon viele kluge Menschen den Kopf zerbrochen haben und dennoch nicht alle Auswirkungen von Änderungen in diesen Dingen voraussehen können.

Entsprechend gibt es für diese Art von Problemen aus seiner Sicht (und ich finde das mehr als nachvollziehbar) nur eine Art von Umgang: Ausprobieren, Messen und aus den Messwerten lernen.

Viele große Erfindungen in der Geschichte wurden mit dieser Strategie entwickelt. Messen und Lernen aus den Ergebnissen darf man dabei aber nicht vernachlässigen. Ansonsten ist unbekannt, welche Auswirkungen der Versuch hatte und ob man in der richtigen Richtung unterwegs ist.

Auch ist zu beachten, dass möglichst nicht mehrere Faktoren im Sinne eines Versuchs verändert werden. Denn dann weiß man hinterher nicht, durch welchen Faktor die Verbesserung erzielt werden konnte.

Warum die Verwendung der falschen Methode schadet

Versuchen Sie einmal, den Kategorien die Lösungsmethoden der jeweils anderen Kategorien zuzuordnen. Dabei werden die möglichen Auswirkungen gut erkennbar:

  • Triviales Problem mit Struktur in vier Schritten lösen: Lösen Sie triviale Probleme immer mit dem methodischen Ansatz, werden Sie vielleicht zu guten Ergebnissen kommen, aber sehr viel Zeit benötigen. Wenn Sie zum Beispiel jeden Tag aufs Neue in vier Schritten das Problem der Nahrungsaufnahme lösen – und das bei drei Mahlzeiten – dann haben Sie gar keine Zeit mehr, zu essen! 
  • Signifikantes Problem durch Intuition lösen: Wenn Sie Glück haben, kommen Sie so zum gewünschten Ergebnis. Und Sie wären sehr schnell. Aber da es sich um signifikante Probleme handelt, können Sie sich hier nur wenige oder gar keine Fehltritte leisten. Deshalb lohnt hier eindeutig die strukturierte Variante. Am Beispiel der kritischen Kundenreklamation: Erklären Sie Ihrem Kunden, dass Sie Korrekturmaßnahmen und Stellungnahme aufgrund Ihres Bauchgefühls durchgeführt und erstellt haben, wird dieser vermutlich weniger glücklich sein. 
  • Black-Box mit strukturiertem Ansatz lösen: Dieser Versuch scheitert daran, dass Sie über den ersten Schritt (Problem verstehen und analysieren) nicht hinwegkommen, da Ihnen niemals alle notwendigen Informationen und Zusammenhänge bekannt sind. Deshalb bleibt Ihnen nur, etwas auszuprobieren und dessen Wirkung zu beobachten.

Fazit

Die Einteilung von Problemstellungen in die drei oben beschriebenen Kategorien zu unterteilen hat meine Sichtweise von Problemen und deren Verständnis verändert. Zwar klingt alles auf den ersten Blick logisch und alles andere als neu. Sich aber in jeder Situation bewusst zu machen, um welches Problem es sich handelt und wie ich am besten damit umgehe, hilft mir seitdem sehr.

Ich habe dabei festgestellt, dass ich an Black-Box-Probleme oft mit der strukturierten Variante herangegangen bin – und hinterher dann verwundert war, dass neue Einflussfaktoren auftauchten, die ich vorher nicht bedacht hatte und die meine vorher erarbeitete Lösungsvariante obsolet oder zumindest nicht ausreihend wirksam werden ließ.

Außerdem beobachte ich seither wesentlich mehr mein Umfeld und wie es mit seinen Problemen umgeht. Auch davon kann man viel lernen. Probieren Sie es aus!

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