… oder: wie leicht man Kundenzufriedenheit zerstören kann.

Es sieht aus wie die perfekte Trainingseinheit:

Es ist 18 Uhr und es herrschen frühsommerliche Temperaturen. Der eiskalte Proteinshake in der Geschmacksrichtung „White Chocolate“ steht bereit – Perlen von Kondenswasser rinnen das Glas hinab. Schnell die Sportklamotten packen und auf zum Studio.

Freundlich begrüße ich die Leute, denen ich auf dem Weg zur Umkleide begegne.

Weil das Wetter so schön ist, sind nicht viele Menschen beim Sport und die Geräte sind relativ frei. Sie haben heute sogar meinen Lieblings-Mineralstoffdrink: Cola-Limette.

Zehn Minuten Aufwärmen auf dem Crosstrainer bringen den Kreislauf in Schwung – die Playlist mit meiner Lieblingsmusik sorgt dafür, dass mir die Zeit nicht so lange vorkommt, wie sonst.

Weiter zum Krafttraining. Die Geräte sind wie immer gut gewartet, die Trainingsflächen aufgeräumt und sauber. Nach drei Sätzen á 15 Wiederholungen auf allen 10 Geräten meines Trainingsplans fühle ich mich angenehm erschöpft und freue mich auf die Dusche.

Die Nacht verspricht, sternenklar und relativ frisch zu werden. Darum entschließe ich mich, noch kurz in die Sauna zu gehen – der gelungene Abschluss eines perfekten Workouts.

Ich betrete die Sauna und lege mich auf die oberste Bank, den Kopf auf die hölzerne Kopfstütze gebettet. Ich schließe die Augen und lausche der Musik, die aus den beiden Lautsprechern plätschert: Instrumentale Musik, wie sie auch zu Entspannungs-Yoga passen würde.

Als ich zuletzt die Sauna besucht hatte, gab es dort noch keine Musik. Ich denke mir, dass das eine sehr gute Idee ist, um den Puls nach dem anstrengenden Training zusätzlich zu beruhigen.
Doch was ist das?

Nach ungefähr 20 Sekunden wird die Musik kurz unterbrochen. Die Unterbrechung wird von einem Knacken eingeleitet, das deutlich lauter ist, als die Musik. Es kling ein wenig so, als würde die Nadel eines Grammophons über die Vertiefung eines Kratzers in der Schallplatte springen. Danach läuft die Musik weiter.

Während ich mich noch frage, was wohl der Grund für den Aussetzer sein mag, wiederholt sich die unangenehme Pause, diesmal nach rund fünf Sekunden. Ich bin von Haus aus Optimist. Und deshalb denke ich bei mir, dass es schlimmer wäre, wenn das Lied auch noch einen Text hätte.

Unglücklicherweise ist der Track wenige Augenblicke später zu Ende und wird von einem Stück mit Melodie und Text abgelöst. Knacken und Pause gehen nach wie vor im Rhythmus von etwa fünf Sekunden weiter. Das Ganze geht mir nach wenigen Minuten schon ziemlich auf die Nerven.

Die Sanduhr an der Wand ist noch nicht einmal zu einem Drittel abgelaufen. Noch über 10 Minuten übrig…

Ich überschlage: Wenn der Sauna-Gang 15 Minuten dauert und alle 5 Sekunden dieses Knacken zu hören ist, dann durfte ich am Ende Zeuge von 180 Knack-Pause-Intervallen werden.

Ich erwäge, die Sauna vorzeitig zu verlassen. Zu diesem Zeitpunkt kann ich die Musik und das störende Nebengeräusch längst nicht mehr ausblenden. Ich habe mich zu stark darauf fokussiert.

Noch bevor ich richtig zu schwitzen begonnen habe, verlasse ich die Sauna, lege mein Handtuch auf einen Liegestuhl und lege mich darauf. Doch auch außerhalb der Sauna sind Musik und Knacken deutlich zu vernehmen.

Entnervt gehe ich duschen. Zum Glück läuft bei den Duschen normales Radioprogramm ohne nervige Unterbrechung. Die positive Stimmung, die mich noch nach meinem Workout beseelt hat, ist nahezu vollständig verschwunden.

Ich nehme mir vor, nachher dem Mitarbeiter am Empfang über die Störung beim Abspielen der Musik zu informieren.

Gesagt, getan. Sehr gut: Heute ist sogar die Chefin da!

Ich schlendere zur Theke hinüber und warte noch kurz, während sie ihr Gespräch mit einem neuen Club-Mitglied beendet. Als wir unter uns sind, erkläre ich ihr meine Beobachtung und bitte sie darum, bei Gelegenheit einmal danach zu schauen und eventuell die Musik abzustellen, wenn sie das Problem nicht beheben kann, weil die Störungen bestimmt auch andere Sauna-Gäste nerven.

Ihr Kommentar ist eine interessante Mischung aus Langeweile und Eisigkeit:

Kundenzufriedenheit

Mir fällt dazu nichts Geistreiches ein und so antworte ich nur, dass ich dann lieber gar keine Musik hätte, anstatt der ständigen Stotterei.

Die Dame hält das Gespräch damit für beendet und wendet sich einem anderen Gast zu.

Ich ziehe von dannen und habe jetzt nicht nur gefühlte Herzrhythmusstörungen von der stotternden Musik.

Vielleicht fragen Sie sich, was diese wahre Begebenheit mit Qualität zu tun hat.

Es heißt oft, Qualität beziehe sich auf vereinbarte Kriterien oder Vertragsbestandteile. Wenn dem so wäre, dann dürfte das musikalische Zwischenspiel nichts daran ändern, dass ich das Training dieses Tages als äußerst positiv wahrnehme.

Schließlich waren die Bedingungen, für die ich das Studio bezahle, allesamt gegeben: Sichere Geräte, eine aufgeräumte und saubere Arbeitsfläche, Getränke, eine funktionsfähige Sauna und hygienisch einwandfreie Duschen mit angenehmer Temperatur und ausreichendem Wasserdruck.

Der Grund für meinen Unmut (und ich bin mir sicher: Nicht nur für meinen!) war ein Zusatznutzen. Ein Mehrwert, der nicht vereinbart war, der mich nichts extra kostet, und der vom Grundgedanken her durchaus zu einer positiven Atmosphäre beitragen kann.

Nur hat sich in diesem Fall der zusätzliche Nutzen zu einer ärgerlichen Störung umgedreht und für meine Unzufriedenheit als Kunden gesorgt.

Dazu kommt die patzige und wenig hilfreiche Antwort der Mitbesitzerin des Studios.

Ihr unprofessioneller Umgang mit meiner „leisen Reklamation“ hat für mich das Potential, mir ein anderes Studio zu suchen – wäre ich nicht noch für rund anderthalb Jahre vertraglich gebunden.

Ich finde, die Geschichte passt sehr gut zum Thema „Kundenzufriedenheit“. Auch wenn grundsätzlich die Qualität der vereinbarten Leistung stimmt, zeugen Zwischenfälle wie dieser und der Umgang damit von einem niedrigen Servicelevel.

Zumindest von den Geschäftsführern eines Unternehmens erwarte ich persönlich mehr Kundenorientierung.

Natürlich hat mich die Sache nicht umgebracht. Mich stört allerdings der Umgang mit meinem Kommentar. Die Dame hat in diesem Augenblick ganz offensichtlich ihre persönliche Bequemlichkeit vor die Belange mindestens eines Kunden gestellt und entschieden, dass mein Anliegen keine Beachtung zu schenken ist.

Das Resultat:

Die Stotter-Musik hat mich genervt und die Reaktion der Besitzerin hat mich aufgeregt.

Dabei gäbe es mehrere Möglichkeiten, die Kundenzufriedenheit zu erhalten:

  • Die Besitzerin könnte sich für den Hinweis bedanken und versprechen, sich um die Sache zu kümmern. Sie könnte außerdem zum Ausdruck bringen, dass sie meine Sichtweise nachvollziehen kann.
  • Sobald ich gegangen bin, könnte sie sich überlegen, ob sie der Sache nachgeht, die Musik ausschaltet oder nichts unternimmt, bevor sich ihr Mann morgen darum kümmert. Egal, wofür sie sich entscheidet, ich hätte mich ernst genommen gefühlt und dem Vorfall vermutlich keine weitere Beachtung geschenkt – auch wenn mich die ständig unterbrochene Musik genervt hat.

Der langen Rede kurzer Sinn: Zur Kundenzufriedenheit und zur Wahrnehmung hoher Qualität gehört mehr als nur die spezifizierten und in Verträgen festgehaltenen Parameter. Es geht darum, die Bedürfnisse der Kunden ernst zu nehmen.

Was genau ist dem Kunden wichtig und warum? Was kostet es mich, seinem Anliegen zu entsprechen? Und wie kann ich allein aufgrund meiner Reaktion für eine positivere Wahrnehmung sorgen?
Oft wird im QM mit Rechtschaffenheit argumentiert und es fehlt an Empathie.

Gute Qualitäter versetzen sich in die Lager der Anderen und versuchen, diese Lage soweit zu verbessern, wie irgend möglich. Seien Sie ein Guter!